Donnerstag, 7. August 2014

Wetter 08.08.2014: Wetterleuchten im Westen

Nachdem sich in den vergangenen Tagen der polare Langwellentrog weiter in Richtung Südost bewegt hatte, kann es sich im Prognoseverlauf bis an die britischen Inseln positionieren. Bereits zu Beginn des Prognosezeitraums entwickelt sich eine Störung an der Südflanke des Troges, welche sich zu einem Randtrog formieren kann. Seine Vorderseite zieht in der Nacht von Freitag auf Samstag über den Ärmelkanal und an der Nordseeküste entlang.
Am frühen Morgen zeigen sich bereits die ersten Ausläufer von Ex-Hurricane Bertha ganz im Westen, welche uns Sonntag beschäftigen werden.

Die Störung des Langwellentrogs bewirkt am Boden Zyklogenese, sodass sich vor der Küste der Biscaya ein Tief entwickeln kann, dass unter Intensivierung am Abend zunächst über der nördlichen Küstenregion Frankreichs herzieht und anschließend, in der Nacht, mit Nordostkurs auf die Nordsee wandert.

Assoziiert mit dem Tief kann sich eine gesunde Frontalzone entwickeln, dessen Warmfront ab dem späten Nachmittag in Südwest-Deutschland einfließt und unter Ausdehnung bis Mitternacht ganz Westdeutschland erfasst hat. In den sehr frühen samstägigen Morgenstunden folgt auf ihr die Kaltfront, welche bis zum Prognoseende auf den äußersten Westen übergreift.


   Bodendruck- und 500 hPa-Karten für 23, 02 und 05 Uhr mit massivem Kaltluftkern vor den britischen Inseln.

Unterhalb der einfließenden Warmfront können sich im Westen selbst bis in die späten Abendstunden noch Temperaturen von 27 Grad halten. Auch in den frühen Morgenstunden fällt die Temperatur nicht unter 18 Grad, lokal nicht mal unter 22 Grad. Die tropische Nacht wird erst durch die Kaltfront beendet. 

Taupunkte steigen, bedingt durch das Ansaugen von feuchter maritimer Atlantik- und warmer Mittelmeerluft, im Vorfeld der Kaltfront auf 18 bis 20 Grad, wodurch sich die tropische Nacht erklärt.

Aufgrund des langen Zeitraums sind sämtliche nun folgenden Bilder für 21 Uhr nur stellvertretend:


 Temperatur um 21 Uhr.                                           Taupunkte um 21 Uhr.

Da der Einzug der Kaltfront in der Nacht stattfindet, wo traditionell die Temperaturen gering sind und in diesem Fall nur durch die hohen Taupunkte hoch gehalten werden, sind die Energiewerte vergleichsweise gering. Zum späten Abend sind vielleicht noch um 1.000 J/kg CAPE möglich, in der Nacht und am frühen Morgen jedoch werden an der Front verbreitet nicht mehr als 500 J/kg erreicht.


Pot. Energie und Lifted Index um 11 Uhr von WRF-NMM.         Pot. Energie und Windvektor um 11 Uhr von WRF-ARW. 

Mit der feuchtwarmen Luftmasse steigt der Wassergehalt auf verbreitet 11 bis 12 g/kg und ausfällbares Wasser auf 35 bis 40 mm. Lapse Rates ändern sich dagegen nur geringfügig, auf lokal etwa 6,5 Grad/km und durch die Tageszeit sinkt die Wolkenobergrenze auf -15 bis -20 Grad bzw. 5.500 bis 6.000 m.

Ab dem späten Nachmittag ändert sich zunehmend das Windprofil, da der Druckgradient des sich verstärkenden Bodentiefs zunimmt. Dadurch steigen die Bodenwinde von 2 bis 3 m/s auf 5,5 bis 6,5 m/s, lokal sind auch 8 m/s möglich. 
0-6 km Scherwinde sind zum späten Abend häufig bei 16 bis 18 m/s, lokal bei bis zu 25 m/s, können in der Nacht über der Nordsee aber sogar auf über 30 m/s steigen. Selbst 0-1 km Scherwinde können in der Nacht bis zu 20 m/s erreichen. 
0-3 km Helizität erreicht meist Werte um 150 bis 200 m²/s², lokal - besonders über der Nordsee - kann der Wert durchaus die 400 m²/s² toppen. Dasselbe Bild liefert 0-1 km Helizität, mit dem einzigen Unterschied, das dieses über der Nordsee sogar die 500 m²/s² knacken kann. Der Superzellenparameter schlägt jedoch nahezu kaum an, Erklärung siehe weiter unten.


  Bodenwinde mit Windvektor um 23 Uhr.                         0-6 km Scherung um 21 Uhr.          


                      0-3 km Helizität um 11 Uhr.               Superzellenp. mit Niederschlagsreflektivität um 11 Uhr.


Obwohl das Windprofil oftmals perfekte Werte für eine schwere Unwetterlage liefert, wird der Durchzug der Kaltfront vorerst vergleichsweise harmlos ausfallen. Dies ist begründet in der Tageszeit, bei der kein stark ausgeprägter Temperaturgradient möglich ist und entsprechend Energie fehlt. Es wird aber recht windig werden und da am frühen Morgen der Jetstream in mittlerer Höhe mit 25 bis 30 m/s immer weiter auf den Westen Deutschlands übergreift, können durch einige in die Kaltfront eingelagerte niederschlagsträchtige Zellen durchaus stürmische Böen runtergemischt werden. Interessant und spannend wird die Kaltfront erst im folgenden Prognosezeitraum.

Vorher, am Mittag/Nachmittag, können bei Durchzug einer schwachen Okklusionsfront vereinzelt kleine Schauer im Westen entstehen, die im Südwesten durch den schnell folgenden Einzug der Warmfront kurzzeitig auch etwas intensiver ausfallen können.


  Gesamtniederschlag in 42 Stunden bis 8 Uhr in WRF-NMM.            Gesamtniederschlag in 42 Stunden bis 8 Uhr in WRF. 

Update


Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Die Kaltfront wurde weit stärker in den Norden gezogen, als das sie wirklich eine große Chance hatte antizyklonal um das Tiefdrucksystem in Deutschland in der Nacht hereinzudrehen. Stattdessen bildete sich bereits am Freitag Abend zwischen der Kalt- und Warmfront eine lang gezogene Konvergenzlinie über Frankreich, die zu einem schweren Derecho mit Böen von bis zu 130 km/h, Hagel bis 6 cm, Tornados und Starkregen einherging. Diese Konvergenz zog unter Eindrehung weiter Richtung Nordosten und schwächte sich zunehmend ab, womit auch die Gewittertätigkeit sehr schnell nachließ. Trotzdem waren noch vereinzelt Böen bis 60 km/h sowie ergiebiger Regen drin, um Mitternacht herum auch etwas Wetterleuchten.

Im Vorfeld zeigte sich allerdings schon die Okklusionsfront wetteraktiv, was die Modelle so nicht erfasst hatten. Sie zog mit vereinzelt mit elektrischen Entladungen über den Westen, brachte etwas Niederschlag, der gebietsweise aber nicht bis zum Boden kam, da die Luft dort sehr warm und (noch) vergleichsweise trocken war.

Quellen: GFS Modelmaps by ESTOFEX WRF-ARW by Janek Zimmer WRF-NMM by Meteociel.fr Blitzortung by lightningmaps.org

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