Freitag, 24. Juli 2015

Wetter 23.07.2015: Sturmtief Zeljko mit Wind und Gewitter


Gültig von: 24.07.2015, 21:00 MESZ bis 26.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 24.07.2015, 21:00 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens, Bremens, Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommern

Kategorie Slight - für alle Teile Deutschlands außer Baden-Württemberg und Bayerns

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands


Zusammenfassung

Es besteht an einer Konvergenz Potential für starken Niederschlag, Hagel um 2 cm und schwere Sturmböen.

Es besteht innerhalb des Tiefenwindfelds Potential für Böen bis Orkanstärke und starken Niederschlag.


Synoptik

Aktuell befinden sich große Teile Süd- und Osteuropas unterhalb eines ausgedehnten Rückens mit Zentrum über den Azoren, während Europa nördlich der Kontinentalflächen von einem Trog dominiert werden, dessen Zentrum etwa zwischen Island und Norwegen liegt. Rund um den Trog sind mehrere Kurzwellen eingebettet, wobei das derzeit im Westen der britischen Inseln lokalisierte von größtem Interesse sein wird. Dieses wird sich im Verlauf der kommenden Stunden weiter stark intensivieren und zügig weiter Richtung Ost-Nordost auf die Südspitze Schwedens zuziehen.

Am Boden befindet sich aktuell über dem Balkan noch ein flaches Hochdruckgebiet EVA, an dessen Rückseite noch leichte Warmluftadvektion über große Teile Deutschlands stattfinden wird. Von größerer Bedeutung bekommt jedoch ein Tiefdrucksystem ZELJKO, das in den letzten Tagen über subtropische Bereiche des Atlantiks entstanden ist und nun bis an den Ärmelkanal vorangeschritten ist. Dieses kommt jetzt zunehmend in Kontakt mit der genannten Kurzwelle und wird daher einer kurzzeitigen, aber starken Zyklogenesephase unterliegen. Nach aktueller Modelllage wird es sich dabei um ein Sturmtief handeln, dass in etwa entlang der kontinentaleuropäischen Küsten bis zum Süden Schwedens ziehen wird und damit signifikanten Einfluss auf das Wettergeschehen der kommenden 24 Stunden über Mitteleuropa nehmen wird.


Diskussion

Innerhalb des Warmsektors zwischen EVA und ZELJKO dürften selbst in der Nacht noch oftmals mehrere 100 bis gar 1.000 J/kg CAPE bei einem Wassergehalt von 12 bis 13 g/kg quer von Südost- nach Nordwestdeutschland möglich sein, dazu liegen die Temperaturen meist noch um die 20 bis 22 °C. Darüber hinaus stimmen auch die kinematischen Parameter, welche mit um die 20 m/s 0-6 km Scherwinde und 200 bis 250 m²/s² 0-3 km Helizität gut mit den thermodynamischen Bedingungen überlappen. Mit Annäherung und Intensivierung von ZELJKO entwickelt sich an seiner Südostflanke eine Konvergenzlinie parallel zur BeNeLux-Grenze. Mit zunehmendem Voranschreiten gen Nordosten entwickelt sie jedoch immer mehr eine West-Ost-Komponente.

Die Gefahren liegen dabei vor allem bei sehr ergiebigem Starkregen mit einem Wassergehalt von um die 40 mm, mit der Konvergenzlinie dürften auch - gerade wenn sich die Zellen zu einer Linie formieren - schon erste stärkere Böen bis 90 km/h möglich sein. Hagel dürfte mit maximal 2 cm Durchmesser hauptsächlich eine untergeordnete Rolle spielen, eingebettete oder vielleicht sogar vorlaufende Superzellen dürften jedoch die Gefahr für größere Körner erhöhen. Im Verlauf der Nacht ziehen die Gewitter bis an die norddeutschen Küstenregionen und schwächen sich dabei nur mäßig ab, bevor sie den deutschen Raum unter erneuter Intensivierung verlassen.

Im Verlauf des morgigen Tages nähert sich dann schließlich das eigentliche Tief ZELJKO, dessen Sturmfeld ab den Vormittagstunden Einzug in Deutschlands Westen erhalten und bereits zur Mittagszeit über weite Flächen Böen um 70 km/h aufbieten kann, an esponierten Lagen auch ein paar km/h mehr. Spätestens zum Abend erreicht der stärkste Bereich die Nordseeküste, an der Böen über 100 km/h möglich sind, über Niedersachsen noch zwischen 80 und 90 km/h und vielleicht über Thüringen/Sachsen-Anhalt durch eine mögliche Störung im Druckfeld ebenfalls bis 80 km/h. In der Nacht zieht das Tief weiter gen Ost-Nordost über Dänemark, sodass auch über Schleswig-Holsten sowie Mecklenburg-Vorpommern Böen bis 80 km/h drin sind.
Fraglich scheint derzeit, ob im Bereich des stärksten Windfelds an der Nordseeküste zum späten Nachmittag nochmal gewittrige Entwicklungen möglich sind. Einige Modelle deuten dies jedenfalls an und da zu diesem Zeitpunkt in den unteren Luftschichten eine deutliche Verstärkung des Windfelds auf um die 30 m/s stattfindet, könnten selbst weiter landeinwärts durch Heruntermischen auch Orkanböen mit starkem Niederschlag auftreten.


Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.


Die Nachtgewitter erwiesen sich als eher mäßig stark. Es konnte sich zwar eine Linie von der Nordseeküste bis in den Süden nach Bayern ausbilden, an der auch schon einige kräftigere Böen möglich waren, sonst blieb es aber bei Niederschlägen, die vor allem im Küstenumfeld wegen der quasi-stationären Lage langanhaltend und ergiebig ausfielen.


     Spitzenböen am Samstag.                             Spitzenböen am Sonntag.  


     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Das Sturmtief selbst wurde von seiner Stärke her vielleicht sogar noch ein kleines Stück unterschätzt. Die maximale Ausprägung wurde bei 90 km/h angesetzt, gemessen wurden aber im Flachland sogar Böen bis 100 km/h. Für die Kategorisierung spielt das aber keine Rolle, sehr wohl aber die Zugbahn des Hauptsturmfeldes, das wesentlich weiter südlich lag und damit auch in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz schwere Sturmböen verursachte. Hier wäre eine Ausdehnung der Kategorie Moderate notwendig gewesen.

Historisch wurde es vor allem über den Niederlanden. Direkt an der Küste wurden noch nie im Sommer durchschnittliche Winde mit Bft 11 gemessen. Das Land war das am schwersten Betroffene, mit mehreren gemessenen Orkanböen, und es kam verbreitet zu schweren Schäden durch umfallende Bäume, herabfallende Äste, aber auch an Gebäuden. Selbst der starke Wellengang verursachte Schäden an den Küsten.


Dienstag, 21. Juli 2015

Wetter 22.07.2015: Kräftige Gewitter entlang einer Konvergenzlinie


Gültig von: 22.07.2015, 08:00 MESZ bis 23.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 21.07.2015, 21:15 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Brandenburgs, Sachsen-Anhalts und Sachsens

Kategorie Slight - für Teile Brandenburgs, Sachsen-Anhalts, Hessens, Thüringens, Sachsens, Rheinland-Pfalz', Bayerns, Saarlands und Baden-Württembergs

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands außer Schleswig-Holsteins, Niedersachsens, Mecklenburg-Vorpommerns, Bremens und Hamburgs


Zusammenfassung

Es besteht an einer Konvergenz Potential für starken Niederschlag und Hagel bis maximal 5 cm .

Es besteht im Süden Potential für starken Niederschlag, Hagel bis maximal 4 cm und stürmische Böen.


Synoptik

Morgen Nachmittag wird vor Schottland ein Trog positioniert sein, an dessen Südflanke eine Kurzwelle für Aufwölbung des über der Südhälfte Europas dominierende Höhenrückens sorgt, welches auf diese Weise bis an die Südspitze Skandinaviens heranreichen kann.

Am Boden befindet sich direkt unterhalb des Troges das steuernde Tief YAKARI, welches mit einer vergleichsweise langen Tiefdruckrinne den gesamten Norden Europas abdeckt, während vor der Küste Portugals ein Hochdrucksystem positioniert ist. Da beide Systeme im Tagesverlauf Richtung Ost ziehen und damit an Einfluss über Mitteleuropa gewinnen, werden zunehmend kühlere Luftmassen südostwärts advehiert. Gleichzeitig setzt Zyklogenese an den Alpen ein, die zu einem lokalen Tiefdrucksystem über Bayern führt und an dessen Vorderseite um die Alpen herum nochmals warme Luftmassen bis zur deutschen Mitte transportiert wird. In den Fokus rückt allerdings nun zunehmend eine Konvergenz, die nur wenig der Kaltfront vorgelagert entstehen, aber im Tagesverlauf stärker werden und wetteraktiv sein wird.


Diskussion

Die ohnehin schon verbreitet recht feuchte Luftmasse wird nochmal weiter entlang der Konvergenzlinie angereichert und dürfte in der Spitze quer über Deutschland von Rheinland-Pfalz bis Berlin einen Wassergehalt von 12 bis 15 g/kg aufweisen. Lapse Rates bleiben ebenfalls bei 7 bis 7,5 °K und auch die Bodentemperatur dürfte vor allem südöstlich der genannten Linie verbreitet 27 bis 33 °C betragen. Insgesamt dürfte so ein Energiegehalt von 1.000 bis 1.250 sowie lokal bis 1.500 J/kg vorliegen.

Interessant ist die Überlappung von mindestens 15 m/s, teilweise - vor allem im Osten - auch 20 m/s DLS mit den thermodynamischen Parametern. Dazu oftmals SRH-Werte 150 und 200 m²/s², im Osten im Bereich stärkerer DLS auch Werte über 200 m²/s². Dazu liegt nicht nur durch die Konvergenz bodennahe Vorticity vor, auch in der Höhe ist etwas PVA vorhanden, sodass genug Hebungsantrieb vorhanden sein sollte, damit bereits in den Mittagsstunden erste Konvektion an westlichen Mittelgebirgen einsetzt. Mit zunehmender Ausprägung der Konvergenz setzen dann zum Nachmittag verbreitet Entwicklungen ein, die dabei recht kräftig ausfallen können. Die Gefahren liegen hier bei Hagel bis 2 cm, weiter im Osten gegen Abend, bedingt durch zunehmend besserer kinematischer Parameter und damit einhergehend erhöhtem Superzellenpotentials, dürfte auch größerer Hagel bis 5 cm möglich sein. Niederschläge dürften bei ausfällbarem Wassergehalt bis 50 mm ziemlich stark ausfallen und Flash Floods sind wahrscheinlich bei eher mäßiger Zuggeschwindigkeit. Böen werden dagegen aber eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Gegen Abend setzt die schon besagte Zyklogenese an den Alpen ein, wodurch genug Hebungsantrieb vorhanden ist, dass es auch südlich der Konvergenzlinie im Alpenvorland verbreitet zur Auslöse kommt. Zwar erhöht sich dadurch gleichzeitig auch SRH auf teilweise 200 m²/s², aber es bleibt bei den meist maximal 10 m/s DLS. Damit ist zwar mit recht kräftigen Zellen in einer energiereichen Luftmasse zu rechnen, sie dürften jedoch eher pulsierenden Charakter besitzen und als gruppige Zellen mit stetigen Neuentwicklungen gen Osten ziehen. Hier besteht die Gefahr bei Hagel von bis zu 4 cm Größe, mit starken Zellen auch etwas größer, sowie Flash Floods bei bis zu 40 mm ausfällbaren Wassers und stürmische Böen.

Freitag, 17. Juli 2015

Wetter 18.07.2015: Konvergenz- und Kaltfrontgewitter


Gültig von: 18.07.2015, 08:00 MESZ bis 19.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 17.07.2015, 21:50 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Baden-Württembergs und Bayerns

Kategorie Slight - für Teile Sachsens, Thüringens, Bayerns und Baden-Württembergs

Thunderstorms - für Teile Nordrhein-Westfalens, Thüringens, Sachsens, Rheinland-Pfalz', Bayerns, Saarlands und Baden-Württembergs


Zusammenfassung

Es besteht Potential für starken Niederschlag, Hagel bis 5 cm und stürmische Böen.


Synoptik

-



Diskussion

-



Donnerstag, 16. Juli 2015

Wetter 17.07.2015: Starke Konvergenzgewitter im Nordosten und Südwesten


Gültig von: 17.07.2015, 08:00 MESZ bis 18.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 16.07.2015, 22:30 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für alle Teile Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs

Kategorie Slight - für alle Teile Schleswig-Holsteins, Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und Berlins

Kategorie Slight - für alle Teile Nordrhein-Westfalens, Hessens, Rheinland-Pfalz' und Saarlands

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands


Zusammenfassung

Es besteht zum Abend Potential für starken Niederschlag, Hagel bis 4 cm und stürmische Böen.

Es besteht in der Nacht auf Samstag Potential für starken Niederschlag, Hagel bis 5 cm und stürmische Böen.


Synoptik

Uns präsentiert sich weiterhin ein Trog über dem Nordatlantik, an dessen Vorderseite ein Rücken über Südeuropa bis zur Südspitze Skandinaviens aufgewölbt ist. Im Verlauf des morgigen Tages rückt der Trog ein Stück weiter gen Osten, während an seiner Südostflanke eine Kurzwelle Einfluss auf Mitteleuropa ausüben wird. Nachfolgend wird ab Sonntag wieder vermehrt eine Luftmassengrenze mit Westlage vorherrschen.

Am Boden ist zunächst noch ein steuerndes Tief XAVER an der Vorderseite des Nordatlantiktrogs vor Island lokalisiert, das in den kommenden Stunden weiterhin der Zyklogenese unterliegt und dabei bis zum morgigen Abend bis über Schottland wandern wird. Über Frankreich/Spanien hat sich währenddessen eine Tiefdruckrinne gebildet, die sich jedoch zunehmend über Frankreich als Randtief präsentiert. Das Druckzentrum wird über Nacht über dem Ärmelkanal auf die Nordsee ziehen, bevor es dann im morgigen Tagesverlauf von XAVER absorbiert wird und dabei wieder eine Tiefdruckrinne von Nordwest- nach Ostdeutschland. An der Vorderseite der Tiefdruckrinne wird weiterhin sehr warme Luft Richtung Norden advehiert, während an der Rückseite gemäßigt maritime Kaltluft entlang einer vergleichsweise flachen Kaltfront folgen wird.


Diskussion

In der Nacht auf Freitag gelangt vorderseitig eine Warmluftzunge nach Deutschland, die im Tagesverlauf im Norden verbreitet mit 15 °C-, im Süden mit 20 °C-Isothermen aufwartet. Mit überwiegend wolkenfreiem Himmel dürften deshalb flächig die 30 °C überschritten werden, lokal, vor allem im Süden, dürften sicherlich auch bis maximal 38 °C möglich sein.
Gleichzeitig wird wieder zunehmend feuchtere Luft mit einem Wassergehalt von 12 bis 14 g/kg in den deutschen Raum advehiert, die von Lapse Rates zwischen 7 und 8 °/km begleitet werden. Somit dürften wieder sehr hohe Energiewerte von verbreitet 1.500 J/kg, lokal auch 2.000 J/kg CAPE drin sein.
Entgegen der bisherigen Simulationsläufe werden jetzt mit dem 12Z-Lauf deutlich bessere kinematische Parameter mit Werten von 15 bis 20 m/s DLS und 250 bis 400 m²/s² SRH simuliert, die zudem teilweise auch mit guten Energiewerten überlappen.
Erst zum Abend jedoch tut sich ein Vorticitymaximum über dem äußersten Nordosten Deutschlands entlang der Konvergenzlinie auf, das für erste Auslöse sorgt. Die hier hochziehenden Gewitter greifen unter Intensivierung zügig auf Polen bzw. die Ostsee über und bilden sich dort im Verlauf der Nacht zu einer breiten Linie aus. Im Vorfeld dürften jedoch vereinzelt Multizellen oder gar Superzellen entstehen, bevor diese weiter verclustern. Mit ihnen dürften auch über deutschem Boden noch Hagelkörner bis 4 cm, stürmische Böen sowie Starkniederschläge bei Pwat-Werten um 40 mm möglich sein.

Fraglich scheint, ob sich in der Nacht auf Samstag eine weitere Tiefdruckrinne von Westfrankreich bis zur Mitte Deutschlands ausbildet - jedenfalls simulieren das die WRF-Modelle wie auch Euro4 recht übereinstimmend. Die sich darin auftuende Konvergenzlinie würde sich nach wie vor im energiereichen Warmsektor befinden und durch Annäherung des Jetstreams aus West von vergleichbar moderaten kinematischen Parametern wie der Nordosten profitieren. Jedoch ist nahezu kein Hebungsantrieb vorhanden, sodass Initialisierung schwierig scheint. Alle Zellen, die in dieser Umgebung entstehen, dürften 2 bis 3 cm Hagel, stürmische Böen sowie Starkniederschläge bei Pwat-Werten um 45 mm produzieren. Sollte sich eine rotierende Zelle auftun, könnten auch Hageldurchmesser bis maximal 5 cm drin sein. Unter schneller Verclusterung ziehen diese von Südwest ausgehend bis zum Samstag morgen in die Mitte Deutschlands, bevor sie sich langsam abschwächen und den Prognosezeitraum verlassen.


Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.


Entgegen der Erwartung zeigten sich das Schwarzwald und die Schwäbische Alp als ziemlich aktiv am gestrigen Nachmittag. Hier entstanden zum Teil kräftige Gewitter mit großem Hagel und Windböen bis Sturmstärke. Dagegen sollte sich in Nordosten praktisch nichts tun, da es hier einfach an ausreichend Hebungsantrieb fehlte. Die Konvergenz war nicht besonders stark ausgeprägt und zudem weiter nördlich verlagert, sodass das Vorticitymaximum, welches Gewitter triggern sollte, zu schwach ausfiel. Lediglich um Rügen herum konnten sich im erwarteten Zeitraum kleinere Zellen ausbilden.

Sämtliche anderen Regionen sind aber so weit gut erfasst worden. Trotz der Fragezeichen entstanden entlang der Konvergenzlinie im Südwesten - vor allem aber über Rheinland-Pfalz einige intensive Gewitter, zeitweise präsentierte sich sogar ein Bow-Echo. Dieser vorlaufend entwickelte sich eine Mesozyklone als Leftmover.


Zugbahnen sämtlicher dokumentierter Superzellen am 07.07.2015.


Samstag, 11. Juli 2015

Wetter 11.07.2015: Ein paar stärkere Gewitter im Süden


Gültig von: 11.07.2015, 11:15 MESZ bis 12.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 11.07.2015, 11:15 MESZ


Einschätzung

Kategorie Slight - für alle Teile Bayerns

Thunderstorms - für Teile Baden-Württembergs und Bayerns


Zusammenfassung

Es besteht Potential für starken Niederschlag, Hagel bis 3 cm und Böen bis stürmische Stärke.


Synoptik

Der Samstag ist vorerst noch von einem Ausläufer des Atlantikrückens dominiert, welcher von Mitteleuropa ausgehend Richtung Arktis ausschlägt, damit eine Brücke zwischen zwei Tröge über dem Nordatlantik und Russland schlägt und dabei zunehmend abflacht. Dadurch kann ein nordatlantischer Trog weiter Richtung Osten ausgreifen und an seiner Vorderseite Einfluss auf das mitteleuropäische Wettergeschehen nehmen. Im Zusammenspiel mit einem Trog über Russland bildet sich an der sich zunehmend verkürzenden Brücke ein neuer Jetstream über BeNeLux/Süddeutschland aus, der das Potential für organisierte Gewitter deutlich erhöht.

Unterhalb des nordatlantischen Troges liegt zwischen Island und den britischen Inseln ein für diese Jahreszeit starkes Tief ULRICH, das aber im Prognosezeitraum mit Voranschreiten Richtung Osten leicht abflacht. An seiner Vorderseite befindet sich unterhalb einer Kurzwelle eine Tiefdruckrinne, die quer über BeNeLux bis Österreich zu liegen kommt, sich im Tagesverlauf verstärkt, dann aber im Laufe der Nacht abschwächt und von West ausgehend durch ein Hochdruckgebiet ersetzt wird. Dank der Tiefdruckrinne findet jedoch reichlich Warmluftadvektion von Südeuropa ausgehend Richtung Mitteleuropa statt, sodass die Temperaturen und Energiewerte deutlich anziehen.


Diskussion

Mithilfe der Warmluftadvektion gelangen warme Luftmassen nach Deutschland, mit der zunächst verbreitet 25 bis 27 °C, örtlich auch über 30 °C erreicht werden können. Besonders im Süden sind die Luftmassen dabei zunehmend feuchter und entsprechend energiehaltiger, sodass hier CAPE-Werte bis 1.250 J/kg möglich sind. Helizitätswerte liegen eher im unteren Bereich von meist 100 m²/s², können zur Mittagszeit und später zum Abend hin aber auch die 150 oder gar 200 m²/s² erreichen. Auf der anderen Seite jedoch weisen die 0-6 km Schwerwinde mit Bildung des neuen Jetstreams 20 bis 25 m/s auf. Es gibt jedoch kaum Hebungsantrieb durch die Kurzwelle oder etwaige Fronten, weswegen Initialisierung recht schwierig scheint, mit Annäherung eines Vorticitymaximums sowie zunehmender PVA sollten jedoch ein paar organisierte Gewitter ab dem späten Nachmittag etwa auf Höhe der Mitte zwischen Baden-Württembergs und Bayerns möglich sein.

Zunächst dürften noch organsierte Multizellen, vielleicht gar eine einzelne Superzelle möglich sein, bevor schließlich mit voranschreitendem Tagesgang auch die Labilitätswerte stark abnehmen und damit ein guter Organisationsgrad, trotz der moderaten Kinetik, eher schwierig erscheint. Vermutlich gruppieren sich ein paar Gewitter zu einem kleineren Cluster, der schließlich zum späten Abend Richtung Südost abziehend den deutschen Boden verlässt. Die Gefahr liegt anfänglich unter intensiveren Zellen bei 2 bis 3 cm großem Hagel, bei einem Wassergehalt von bis zu 35 mm auch bei stärkerem Niederschlag. Vielleicht sind zudem Fallböen bis stürmischer Stärke möglich, meist jedoch sollten sie im harmlosen Bereich bleiben. Ein einzelner Tornado ist nur im äußersten Südosten zum späten Abend denkbar, wenn die 0-1 km Scherwinde zunehmen und eine Absenkung des Kondensationslevels stattfindet. Jedoch braucht es dafür auch stärkere Zellen, die zu dieser Zeit nicht sehr wahrscheinlich sind.


Montag, 6. Juli 2015

Wetter 07.07.2015: Erst Hitzegewitter, dann Schwergewitterlage an Kaltfront


Gültig von: 07.07.2015, 08:00 MESZ bis 08.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 06.07.2015, 22:05 MESZ

Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Baden-Württembergs, Bayerns und Sachsens

Kategorie Moderate - für Teile Nordrhein-Westfalens, Hessens, Niedersachsens und Rheinland-Pfalz'

Kategorie Slight - für alle Teile Deutschlands außer Bremens, Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommern

Thunderstorms - für ganz Deutschland

Zusammenfassung

Es besteht Potential für sehr starken Niederschlag, Hagel deutlich über 5 cm, Böen bis Orkanstärke sowie Tornados.

Synoptik

Der Dienstag wird weiterhin noch von einem Rücken dominiert, der quer über dem Festlandeuropa nördlich bis an die Ostsee und östlich bis ans Schwarzmeer reicht. Über Nordeuropa dagegen können, seit dem am Sonntag die Omegalage gekippt wurde, Tröge wieder auf Ostbahnen ziehen und damit an ihrer Vorderseite Einfluss auf das mitteleuropäische Wettergeschehen nehmen. Dies trifft vor allem auf einen herannahenden Trog zu, der morgen Mittag über den britischen Inseln situiert ist und ein Jetstream-Maximum über Mitteleuropa schiebt.

Am Boden ist Mitteleuropa noch zunächst von Hochdruck beeinflusst, dass aber zunehmend in den Osten propagiert und von einem für diese Jahreszeit starken Tief unterhalb des Troges verfolgt wird. Dabei gelangt Deutschland in den Bereich sehr starker Warmluftadvektion, die wie schon am Sonntag Theta-E-Werte deutlich über 60 °C aufweist. Mit Voranschreiten des Tiefs wird die feucht-warme Luftmasse schließlich durch maritime Kaltluft verdrängt.

Diskussion

Mithilfe der Warmluftadvektion gelangt energiereiche Luftmasse nach Deutschland, die Werte um die 2.000 J/kg CAPE im Süden, ca. 1.000 J/kg im Norden erreicht. Dazu können zwischen 30 °C Maximaltemperatur im Nordwesten und 37 °C im Süden erreicht werden. Helizitätswerte liegen eher im moderaten Bereich bei meist rund 150 m²/s². Auf der anderen Seite jedoch weisen die 0-6 km Schwerwinde mit Annäherung des Jetstreammaximums 20 bis 25 m/s im Südwesten, nördlich sogar 30 m/s auf. Damit wird deutlich, dass die besten kinematischen nicht mit den besten thermodynamischen Parametern überlappen. Es herrscht große Unsicherheit in der Modellkette, weswegen aktuell nur ein grober Rahmen diskutiert werden kann und die höchste Kategorie vorerst nur Moderate beträgt. Sollten die Modelle zu morgen mehr Sicherheit erlangen, ist evtl. ein Update auf Kategorie High möglich.

Zunächst sind an den Mittelgebirgen orographisch getriggerte Hitzegewitter möglich, während fortlaufend der Kaltfront bereits aus Westen erste Multizellen oder gar Superzellen in Deutschland hereinziehen. Die besten Bedingungen für Superzellen herrschen dabei noch auf Höhe Rheinland-Pfalz sowie Nordrhein-Westfalen. Denkbar sind auch Superzellen, die klassisch entlang des Schwarzwaldes ziehen aufgrund der besonderen Lage und Beschaffenheit des Gebirges sowie der entsprechend vorliegenden Südwestwinde. Mit diesen Zellen ist Hagel zwischen 3 bis 5 cm, mit Superzellen auch deutlich größer möglich, dazu können stürmische Böen bis 70 km/h und Starkniederschläge bei einem Wassergehalt von rund 50 mm auftreten. Hier ist auch das Potential für Tornados erhöht. 

Zum Abend schließlich gelangt die Kaltfront nach Deutschland, an der in breiter Linie intensive Entwicklungen möglich sind. Hier herrscht bei den Modellen die größte Unsicherheit in der exakten Lage, favourisiert wird an dieser Stelle jedoch die, bei der sich eine Linie von der Mitte bis in den Süden Deutschlands bildet, ab der die komplette Palette einer Schwergewitterlage abgerufen werden kann. So sind vor allem Böen bis Orkanstärke an Stellen möglich, wo sich eine geschlossene Linie bildet und evtl. Bow Echos entstehen. Dazu können hier, trotz der ehe moderaten kinematischen Bedingungen, rotierende Systeme eingelagert sein, mit denen wie schon am Nachmittag auch Hagelkörner deutlich über 5 cm möglich sind, sonst bleibt es bei meist 3 bis 5 cm. Auch Starkniederschläge bei immer noch einem Wassergehalt von über 40 mm sind möglich, aber wegen der hohen Zuggeschwindigkeit von 80 bis 90 km/h zeitlich sehr begrenzt. Es können dennoch Überschwemmungen möglich sein. Auch Tornados sind hier nicht ausgeschlossen. Die gesamte Linie zieht bis zur Nacht schließlich einmal quer über die Südhälfte Deutschlands und unter Abschwächung schließlich auf die Landflächen Tschechiens und Österreichs.

Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Über der Mitte Deutschlands entstand zunächst eine linienartige Front mit einer Mesozyklone an dessen Südende, die vor allem ab Hessen sehr starke Böen bis Orkanstärke vor sich herschob und dabei von Hagel zwischen 2 und 4 cm begleitet war. Hier entstanden teilweise sehr schwere Schäden an Gebäuden, Aufbauten und Wald & Flur. In diesem Bereich scheinen auch ein oder zwei Tornados denkbar, die jedoch bisher nicht bestätigt werden konnten.

Daneben entwickelten sich zunächst auf einer Linie quer über dem Süden Rheinland-Pfalz' wie an einer Perlenschnur mehrere Superzellen hintereinander, die mit hoher Langlebigkeit aufwarteten, hier insbesondere die Leftmover mit Strecken bis 300 km. Bis auf eine Superzelle, die fast bis Halle an der Saale hochzog, sind kaum unwetterartige Erscheinungen bekannt, die von diesen Zellen verursacht worden sein sollen. Hagel blieb auch hier in der Größenordnung von 2 bis 4 cm.

Später entwickelte sich vor allem auch mithilfe von Orographie im noch unverbrauchten Warmsektor des Südwestens entlang der Kaltfront mehrere intensive Gewitter, an der sich vorlaufend eine weitere Superzelle entwickelte, die als isolierter Rightmover ebenfalls deutlich über 200 km hinter sich legte. Sie sollte eines der fotogensten und bestdokumentiertesten Superzellen seit vielen Jahren in Deutschland werden. Mit der Kaltfront traten dann vor allem zur Nacht hin nochmal über Bayern schwere Böen bis Orkanstärke auf, auch ein Tornado scheint hier denkbar, wenn auch bisher nicht bestätigt.

Zugbahnen sämtlicher dokumentierter Superzellen am 07.07.2015.

Tatsächlich hätte das gesamte Kategorie Slight-Gebiet Kategorie Moderate betragen müssen, über dem Osten Rheinland-Pfalz', Hessens, Thüringens und Sachsen-Anhalts wäre unter den aufgetretenen Unwettererscheinungen auch eine Kategorie High gerechtfertigt gewesen. Zwar erlaubten, wie erwähnt, die Modelle keine spezifische Prognose, jedoch hätte zumindest die in den späteren Läufen simulierte linienartige Multizellenstruktur über der Mitte ernst genommen werden sollen, da sie der Gewitterlinie vom Sonntag recht ähnlich kam, bei der ebenfalls schon Böen über 100 km/h gemessen wurden.


Samstag, 4. Juli 2015

Wetter 05.07.2015: Schwere Unwetterlage durch Kaltfront


Gültig von: 05.07.2015, 08:00 MESZ bis 06.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 04.07.2015, 21:20 MESZ

Einschätzung

Kategorie High - für Teile Bremens, Niedersachsens, Hamburg, Sachsen-Anhalts, Nordrhein-Westfalens

Kategorie Moderate - das High umschließend inklusive Teile Schleswig-Holsteins, Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs, Berlins, Thüringens, Hessen, Rheinland-Pfalz'

Kategorie Slight - das Moderate umschließend inklusive Teile Sachsens

Thunderstorms - das Slight umschließend inklusive Teile Saarlands, Bayerns

Zusammenfassung

Es besteht hohes Potential für sehr starken Niederschlag, Hagel bis 7 cm, flächendeckend gefährliche Böen um 100 km/h sowie Tornados.

Synoptik

Der Sonntag wird zunächst noch von einem Rücken dominiert, der sich vom Atlantik ausgehend quer über West- und Mitteleuropa bis hoch nach Skandinavien streckt. Über dem Nordatlantik dagegen liegt ein ausgeprägter Trog, an dessen Südost-Seite eine Kurzwelle über BeNeLux/Nordwest-Deutschland schiebt, sodass diese Regionen unter den Hebungsbereich des Troges geraten.

Während unterhalb des Rückens großflächig Hochdruck etabliert ist, steuert unterhalb des Troges ein Zentraltief SIEGFRIED mehrere Randtiefs, von denen das zur Kurzwelle korrespondierende von Interesse sein wird. Dieses zieht unter Zyklogenese von Frankreich ausgehend Richtung Nordosten über BeNeLux/West- bzw. Norddeutschland und schiebt zum späten Nachmittag eine Kaltfront in genannte Regionen herein, die sich wetteraktiv erweisen wird.

Diskussion

Da zunächst noch verbreitet 850 hPa Temperaturen von 18 bis 22 °C vorliegen, dürften erneut fast überall die 30 °C erreicht werden, regional sollte das Thermometer auch um die 35 °C anzeigen dürfen, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eventuelle Bewölkung nicht die Einstrahlung behindern. Auch die Taupunkte dürften vielfach um 20 °C liegen, sodass die Theta-E-Werte auf 850 hPa 60 °C und mehr erreichen. In Verbindung mit Lapse Rates von 7,5 bis 8 K scheinen daher Energiewerte von rund 2.500 J/kg oder mehr durchaus realistisch.

In Verbindung mit PVA und der zum späten Nachmittag hereinziehenden Kaltfront ist genug Hebungsantrieb vorhanden, das verbreitet mit Auslöse zu rechnen ist. Diese werden aufgrund der sich annähernden Kurzwelle mit 0-6 km Scherwinden von 20 bis 25 m/s sowie 0-3 km Helizitätswerten um die 300 m²/s² unterstützt. Damit ist von gut organisierten Zellen auszugehen, die sich wegen starker Winde in den unteren, bodennahen Schichten vor allem als MCS mit linienartigen Strukturen formieren, aber durchaus auch mit einzelnen rotierenden Systemen durchsetzt sein können.


Gefahren werden hauptsächlich bei sehr starken Niederschlägen liegen, da Mixing Ratios bei um die 14 g/kg und der Wassergehalt bei um die 50 mm liegen. Flash Floods scheinen daher, obwohl die Zuggeschwindigkeit um die 80 km/h liegen wird, sehr wahrscheinlich. Dazu ist bei derart hohen Energiewerten unterhalb von stärkeren Aufwindbereichen mit Großhagel von 3 bis 5 cm zu rechnen, mit Superzellen sogar größer möglich. Ebenfalls ein Thema wird Wind sein. Sollte sich ein zusammenhängendes System formieren, ist ein LEWP mit mehreren eingelagerten Bow Echos denkbar, welche schwere Böen bis hoch zur Sturmstärke, im Extremfall lokal sogar orkanartiger Stärke erreichen können. Dazu scheinen aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten in den bodennahen Schichten besonders mit eingelagerten Superzellen Tornados möglich.

Bis zum frühen Morgen wird die Kaltfront Deutschlands Nordhälfte einmal komplett überquert haben.

Verifikation

Niederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.
Spitzenböen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.
Blitze in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Zunächst sollte der Tag mit einem Cluster beginnen, der sich über Nordrhein-Westfalen bildete und unter Intensivierung Richtung Nordosten zog. Erst zur Mittagszeit zeigte dieser langsam abnehmende Ten- denzen. Evtl. handelte es sich dabei um die Entwicklungen, die von den Modellen schon in der Nacht erwartet worden waren. Trotz der verzögerten Auslöse sollten sich die Ge- witter als ideal für die kommenden Stunden erweisen, denn auch wenn sie der Luft viel Feuchtigkeit und die Möglichkeit zum Aufheizen nahmen, konnte an der Rück- seite wiederum Einstrahlung und Verdunstung stattfinden. Mithilfe der eh schon vor- handenen Warmluftadvektion war eine rasche Erholung der Luftmasse möglich.

Wie viel Potential in der Luftmasse steckte, konnte schließlich ab den Mittags- stunden beobachtet werden. Obwohl gerade über Nordrhein-Westfalen ein ausgedehnter Cluster hinweggezogen war, setzte ab dem Rhein erneute Auslöse ein. Dazu zeigten sich orographisch bedingt auch an mehreren Mittelgebirgen erste Gewitter, von der besonders die im Harz interessant werden sollten. Dort entwickelte sich unter starker Intensivierung eine Zelle, die in einen Left- und Rightmover aufsplittete und dann rasch das Gebirge entlang wanderte, bis jedoch die flacher werdende Orographie nicht mehr aus- reichend Hebung verursachte und beide Zellen eingingen.


Im weiteren Verlauf zeigt sich ein kleines Bodentief über der Südwesthälfte Deutschlands, das nun über eine schwache Tiefdruckrinne für konvergierende Luftmassen an einer Nord-Südachse von Niedersachsen bis Rheinland-Pfalz reichend sorgt. Erstaunlich an dieser Entwicklung war, dass zwar das Bodentief als solches von den Modellen simuliert wurde, nicht jedoch eine Konvergenzlinie, die stark genug sein würde, um die Luftmassen in die Höhe zu treiben. Als Konsequenz entwickelte sich schließlich bis zum Abend eine breite Gewitterfront, mit der vielfach Hagel bis 3 cm, sehr starke Niederschlage von über 60 mm/h sowie mehrere 10.000 Blitze/h gemessen wurden. 

Obwohl der Komplex noch nicht durch kräftige Windgeschwindigkeiten in den unteren Luftschichten unterstützt wurde und selbst noch recht langsam voranschreitete, kamen beachtliche Böen von bis zu 96 km/h zustande. Dies sollte einmal mehr die Brisanz der Lage zeigen, denn mit der Kaltfront, die diese Unterstützung in peto hatte, wären demnach noch deutlich höhere Windgeschwindigkeiten drin. Wie sich später zeigen wird, sollte es dazu nicht mehr kommen.


Zunächst richten wir unser Hauptaugenmerk jedoch auf den äußersten Osten Belgiens bzw. Nordrhein-Westfalens. Nach einigen Modellen sollten im Vorfeld der Kaltfront iso- lierte Zellentwicklungen unter idealen dynamischen Be- dingungen stattfinden, sodass eine rasche Intensivierungen hin zu Superzellen zu erwarten war. Diese Erwartungen trafen dann auch in der Form ein, dass sich zwei Superzellen an der deutschen Grenze bildeten, von der die südlichere schließlich bis nach Kassel quer über den Westen hinweg zog. Sie produzierte dabei den an diesem Abend größten Hagel, mit bis zu 8 cm Durch- messer und konnte lokal für schwere Downbursts sorgen, bei der einige Schäden verursacht worden. Genaue Windgeschwindigkeiten sind nicht bekannt, sie dürften aber nach den veröffentlichten Videos und Fotos zu urteilen bei mindestens Orkanstärke (>119 km/h) gelegen haben.


Da sowohl über der Mitte, als auch dem Osten Deutschlands maximale Einstrahlung möglich war und sich hier Temperaturen in den 38ern oder 39ern bewegten (Kitzingen im nördlichen Bayern gar 40,3 °C mit einem Allzeitrekord) und hier noch im kleineren Umfang ausreichend Warmluftadvektion stattfinden konnte, baute die Konvergenzlinie zunehmend südlich an und bekam als Multi-Zellen-System (MCS) immer mehr Eigendynamik mit eingelagerten Bogensegmenten, die bspw. über Braunschweig mit über 100 km/h hinwegzogen und dem Komplex eine sich immer mehr einkringelnde Struktur gaben. Hier wurden denn auch mit der heranziehenden Böenfront die höchsten Windgeschwindigkeiten des Tages mit 102 km/h am Braunschweiger Flughafen gemessen (nicht auf der obigen Karte eingezeichnet).

An der Grenze zu BeNeLux zog derweil die Kaltfront, die erste Zellentwicklung zeigte und insbesondere über Niedersachsen eine geschlossene Linie bildete. Ihr vorgelagert war dazu eine Zelle, die vom niederländischen Gröningen bis Wilhelmshaven zog und auf ihrem Kurs nahe Wiesmoor einen Tornado produzierte. Diese Zelle schwächte sich dann allerdings schnell ab, bevor sie von der Kaltfront eingeholt und verschluckt wurde. Da sich die Konvergenz jedoch in einen massiven Komplex entwickelt hatte und ihr die Kaltfront zu rasch folgte, blieb ihr kaum noch Energie um zu der Front heranzuwachsen wie sie in der Prognose erwartet worden war.

In der letzten Sequenz soll noch einmal der südliche Anbau der Konvergenz über dem Norden Bayerns und Thüringens gezeigt werden, bevor sie sich unter Abschwächung Richtung Polen/Tschechien verab- schiedete. Schön zu sehen ist auch die sehr schwache Ausprägung der Kaltfront in ihrem Rücken, die im Norden teilweise ganz an Energie verlor.

Insgesamt eine berechtigte Kategorie High-Markierung, wenn auch evtl. eine weitere Ausrichtung hin zum Osten, wenigstens aber dem Thüringer Wald notwendig gewesen wäre. Der Verlauf des Tages zeigte zudem eindrucksvoll, dass bei einer vollen Ausprägung der Kaltfront, wie sie von den Modellen erwartet worden war, eines der schwersten Unwetterlagen der letzten Jahre passiert wäre. So kamen wir alle halbwegs glimpflich davon.

Freitag, 3. Juli 2015

Wetter 04.07.2015: Hitzegewitter und Kaltfront im Westen


Gültig von: 04.07.2015, 08:00 MESZ bis 05.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 03.07.2015, 23:00 MESZ

Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens, Hessens, Thüringens und Sachsen-Anhalts

Kategorie Moderate - für Teile Nordrhein-Westfalens


Kategorie Slight - für Teile Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens, Hessens, Thüringens und Sachsen-Anhalts und Bremens

Kategorie Slight - für Teile Baden-Württembergs

Thunderstorms - für Teile Schleswig-Holsteins, Hamburgs, Bremens, Niedersachsens, Sachsen-Anhalts, Nordrhein-Westfalens, Hessens, Thüringens, Sachsens, Baden-Württembergs und Bayerns

Zusammenfassung

Es besteht Potential für sehr starken Niederschlag, Hagel bis maximal 5 cm und gefährliche Böen.

Synoptik

Über Europa liegt eine ausgedehnte Omega-Lage vor, bei der ein starkes Cut-Off-System über dem Nordatlantik sowie ein schwaches über dem Schwarzmeer einen Höhenkeil einrahmen. 
Um den Höhenkeil herum bewegen sich mehrere Störungen. Die Omega-Struktur kippt langsam aber sicher durch das östliche Voranschreiten des Atlantik-Cut-Offs.

Die Luftmassengrenze am Boden ist mittlerweile stark gewellt und mit mehreren Tiefdrucksystemen versehen, welche eine komplexe Frontensituation über Mitteleuropa schaffen. Unterbrochen wird diese durch ein Randtief des steuernden Tiefs Siegfried (welches vor den britischen Inseln liegt), dessen Warmfront morgen Vormittag Einzug in Deutschland erhält und zum späten Abend von der Kaltfront gefolgt wird.

Diskussion

Innerhalb des Warmsektors oder auch direkt an der Warmfront sind nach Modelllage  zum Abend vereinzelt Hitzegewitter möglich, die wie schon heute vor allem durch Orographie, in der Nordhälfte auch durch ein Vorticitymaximum getriggert werden können. Diese profitieren dann von enormen Energiewerten um 2.500 J/kg, lokal auch deutlich darüber. Da der Wassergehalt der Luftmasse erneut zwischen 40 und 50 mm liegt und Hitzegewitter durch ihre Entstehungsnatur eher quasi-stationär daherkommen, sind erneut lokal sehr große Niederschlagsmengen zu erwarten. Dazu sind bei derart hohen Energiewerten Hagelkörner mit großen Durchmesser von 3 bis 5 cm durchsetzt und, im ausgewachsenen Stadium, sind auch stärkere Fallwinde mit stürmischen Böen möglich.

Gegen Abend zieht dann die Kaltfront über BeNeLux und Nordwestdeutschland, welche sich ebenfalls als wetteraktiv erweisen wird, jedoch stark in ihrer Intensität stark abhängig zu den Entwicklungen im Warmsektor ist. Diese kann aus 1.000 bis 1.500 J/kg CAPE schöpfen und wird durch 0-6 km Scherwinden von 20 m/s sowie 0-3 km Helizität bis 300 m²/s² unterstützt, sodass eingelagerte Mesozyklonen, evtl. auch Superzellen, denkbar scheinen. Auch mit diesen Zellen sind sehr hohe Niederschlagsmengen zu erwarten, da die Umgebungsluft einen Wassergehalt von rund 45 mm aufweisen wird, was selbst mit moderaten Zuggeschwindigkeiten von rund 30 bis 35 km/h lokal noch für hohe Summen sorgen können. Hagel wird ein geringeres Thema sein, meist bei 1 bis 3 cm vorliegen, in rotierenden Aufwindbereichen aber auch die 5 cm erreichen. Je nach Ausgangslage können diese Zellen die gesamte Nacht aktiv sein, während sie bis Samstag morgen weiter Richtung Schleswig-Holstein ziehen.

Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Die wahren Gewitterherde wurden nur sehr begrenzt korrekt lokalisiert, die meisten Regionen sind jedoch unzureichend abgedeckt oder mit der falschen Kategorie versehen worden. So hätte das Moderate fast die gesamte Nordhälfte abdecken müssen, um der Ereignisse von gestern gerecht zu werden. Dazu wurden die Entwicklungen über Brandenburg/Berlin und Rheinland-Pfalz unterschätzt und nicht mal von einer Thunderstorm-Markierung abgedeckt. Dagegen fielen die Gewitter über Baden-Württemberg fast komplett flach und das Slight war zu hoch angesetzt.

Erneut also ein sehr schlecht prognostizierter Gewittertag.


Donnerstag, 2. Juli 2015

Wetter 03.07.2015: Schwache Gewitter im Süden, starke im Norden


Gültig von: 03.07.2015, 08:00 MESZ bis 04.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 02.07.2015, 22:45 MESZ

Einschätzung

Kategorie Slight - für Teile Schleswig-Holsteins, Hamburg, Sachsen-Anhalts, Niedersachsens, Brandenburgs und Sachsens

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands außer Nordrhein-Westfalens

Zusammenfassung

Es besteht Potential für sehr starken Niederschlag, Hagel bis maximal 5 cm und gefährliche Böen.

Synoptik

Über Europa liegt eine ausgedehnte Omega-Lage vor, bei der ein starkes Cut-Off-System über dem Nordatlantik sowie ein schwaches über dem Schwarzmeer einen Höhenkeil einrahmen. 
Um den Höhenkeil herum bewegen sich mehrere Störungen, die ihrerseits einige schwache, aber wetteraktive Hitzetiefs am Boden triggern.

Eingelagert sind diese Tiefs in eine Luftmassengrenze, die sich quer über Westeuropa bis hoch in den Norden Skandinaviens wellt. Eines dieser Hitzetiefs hat sich im Verlauf des heutigen Abends über Nordfrankreich gebildet und zieht nun entlang der Luftmassengrenze Richtung Norddeutschland, wobei es stetig an Kraft verliert und zum morgigen Abend sich aufgelöst haben wird.

Diskussion

Trotz des hohen Energieangebots, das vielfach die 2.000 J/kg übersteigt und ganz lokal sogar über 3.000 J/kg betragen kann, wird diese nur schwerlich umgesetzt, da dynamische Mechanismen fehlen, die eine Intialisierung von Gewitter hervorruft. Das Hitzetief jedoch, sofern es beständig genug bleibt, sorgt für entsprechende Hebung über der Nordhälfte Deutschlands, weshalb mit Konvektion zu rechnen ist.

Mit leichter Annäherung einer Störung in mittleren Höhen können sich dort meist 0-6 km Scherwerte von 15 m/s zeigen, stellenweise dürften sogar 20 m/s möglich sein. Je nach Ausprägung des Hitzetiefs sind gleichzeitig 100 bis maximal 400 m²/s² möglich, sodass mit halbwegs organisierten Gewittern zur Mittagszeit zu rechnen ist.

Die Gefahren liegen vor allem von sehr starkem Niederschlag bei einem Wassergehalt von teilweise über 50 mm, die jedoch bei einer Zuggeschwindigkeit von 40 bis 45 km/h nicht zu lange über ein und demselben Ort verweilen. Auch Hagel kann mit stärkeren Zellen signifikante Durchmesser von 3 bis 5 cm betragen. Gerade unterhalb von möglichen Superzellen ist Großhagel denkbar. Mit diesen Zellen wie auch bei Clustern, die sich linear anordnen, existiert zudem die Gefahr stärkerer Böen gegen Nachmittag, die durchaus auch Sturmstärke betragen können.

Zudem besteht die Möglichkeit einzelner Hitzegewitter in der Südhälfte, die aber wohl größtenteils nur Starkregen und Hagel zwischen 1 und 3 cm produzieren werden und sich aufgrund der fehlenden Dynamik pulsierend, also kurzlebig zeigen.

Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Das kleine Hitzetief zeigte sich deutlich kräftiger als simuliert und konnte über die ganze Nacht hinweg aktiv bleiben. Dabei nahm es jedoch eine ziemlich nördliche Zugrichtung ein, wodurch die Situation über Deutschland einen schleifenden Charakter bekam, die mit permanenten Neuentwicklungen durchsetzt war. Damit bekam die Linie eine stärkere Nord-Süd-Ausrichtung und war weiter westlich gelagert, sodass sie nur noch sporadisch von der Kategorie Slight markiert wurden.

Weiter im Süden wurde bei der Prognose die Wirkung von Orographie mangelhaft eingeschätzt, die gestern in der Lage war bei derart hohen Energieangeboten selbst quasistationäre Gewitter an Gebirgsketten über sehr lange Zeiträume aktiv zu halten. Hier wäre mindestens die Kategorie Slight notwendig gewesen.

Insgesamt also ein eher schlecht erfasster Gewittertag.