Freitag, 24. Juli 2015

Wetter 23.07.2015: Sturmtief Zeljko mit Wind und Gewitter


Gültig von: 24.07.2015, 21:00 MESZ bis 26.07.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 24.07.2015, 21:00 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens, Bremens, Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommern

Kategorie Slight - für alle Teile Deutschlands außer Baden-Württemberg und Bayerns

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands


Zusammenfassung

Es besteht an einer Konvergenz Potential für starken Niederschlag, Hagel um 2 cm und schwere Sturmböen.

Es besteht innerhalb des Tiefenwindfelds Potential für Böen bis Orkanstärke und starken Niederschlag.


Synoptik

Aktuell befinden sich große Teile Süd- und Osteuropas unterhalb eines ausgedehnten Rückens mit Zentrum über den Azoren, während Europa nördlich der Kontinentalflächen von einem Trog dominiert werden, dessen Zentrum etwa zwischen Island und Norwegen liegt. Rund um den Trog sind mehrere Kurzwellen eingebettet, wobei das derzeit im Westen der britischen Inseln lokalisierte von größtem Interesse sein wird. Dieses wird sich im Verlauf der kommenden Stunden weiter stark intensivieren und zügig weiter Richtung Ost-Nordost auf die Südspitze Schwedens zuziehen.

Am Boden befindet sich aktuell über dem Balkan noch ein flaches Hochdruckgebiet EVA, an dessen Rückseite noch leichte Warmluftadvektion über große Teile Deutschlands stattfinden wird. Von größerer Bedeutung bekommt jedoch ein Tiefdrucksystem ZELJKO, das in den letzten Tagen über subtropische Bereiche des Atlantiks entstanden ist und nun bis an den Ärmelkanal vorangeschritten ist. Dieses kommt jetzt zunehmend in Kontakt mit der genannten Kurzwelle und wird daher einer kurzzeitigen, aber starken Zyklogenesephase unterliegen. Nach aktueller Modelllage wird es sich dabei um ein Sturmtief handeln, dass in etwa entlang der kontinentaleuropäischen Küsten bis zum Süden Schwedens ziehen wird und damit signifikanten Einfluss auf das Wettergeschehen der kommenden 24 Stunden über Mitteleuropa nehmen wird.


Diskussion

Innerhalb des Warmsektors zwischen EVA und ZELJKO dürften selbst in der Nacht noch oftmals mehrere 100 bis gar 1.000 J/kg CAPE bei einem Wassergehalt von 12 bis 13 g/kg quer von Südost- nach Nordwestdeutschland möglich sein, dazu liegen die Temperaturen meist noch um die 20 bis 22 °C. Darüber hinaus stimmen auch die kinematischen Parameter, welche mit um die 20 m/s 0-6 km Scherwinde und 200 bis 250 m²/s² 0-3 km Helizität gut mit den thermodynamischen Bedingungen überlappen. Mit Annäherung und Intensivierung von ZELJKO entwickelt sich an seiner Südostflanke eine Konvergenzlinie parallel zur BeNeLux-Grenze. Mit zunehmendem Voranschreiten gen Nordosten entwickelt sie jedoch immer mehr eine West-Ost-Komponente.

Die Gefahren liegen dabei vor allem bei sehr ergiebigem Starkregen mit einem Wassergehalt von um die 40 mm, mit der Konvergenzlinie dürften auch - gerade wenn sich die Zellen zu einer Linie formieren - schon erste stärkere Böen bis 90 km/h möglich sein. Hagel dürfte mit maximal 2 cm Durchmesser hauptsächlich eine untergeordnete Rolle spielen, eingebettete oder vielleicht sogar vorlaufende Superzellen dürften jedoch die Gefahr für größere Körner erhöhen. Im Verlauf der Nacht ziehen die Gewitter bis an die norddeutschen Küstenregionen und schwächen sich dabei nur mäßig ab, bevor sie den deutschen Raum unter erneuter Intensivierung verlassen.

Im Verlauf des morgigen Tages nähert sich dann schließlich das eigentliche Tief ZELJKO, dessen Sturmfeld ab den Vormittagstunden Einzug in Deutschlands Westen erhalten und bereits zur Mittagszeit über weite Flächen Böen um 70 km/h aufbieten kann, an esponierten Lagen auch ein paar km/h mehr. Spätestens zum Abend erreicht der stärkste Bereich die Nordseeküste, an der Böen über 100 km/h möglich sind, über Niedersachsen noch zwischen 80 und 90 km/h und vielleicht über Thüringen/Sachsen-Anhalt durch eine mögliche Störung im Druckfeld ebenfalls bis 80 km/h. In der Nacht zieht das Tief weiter gen Ost-Nordost über Dänemark, sodass auch über Schleswig-Holsten sowie Mecklenburg-Vorpommern Böen bis 80 km/h drin sind.
Fraglich scheint derzeit, ob im Bereich des stärksten Windfelds an der Nordseeküste zum späten Nachmittag nochmal gewittrige Entwicklungen möglich sind. Einige Modelle deuten dies jedenfalls an und da zu diesem Zeitpunkt in den unteren Luftschichten eine deutliche Verstärkung des Windfelds auf um die 30 m/s stattfindet, könnten selbst weiter landeinwärts durch Heruntermischen auch Orkanböen mit starkem Niederschlag auftreten.


Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.


Die Nachtgewitter erwiesen sich als eher mäßig stark. Es konnte sich zwar eine Linie von der Nordseeküste bis in den Süden nach Bayern ausbilden, an der auch schon einige kräftigere Böen möglich waren, sonst blieb es aber bei Niederschlägen, die vor allem im Küstenumfeld wegen der quasi-stationären Lage langanhaltend und ergiebig ausfielen.


     Spitzenböen am Samstag.                             Spitzenböen am Sonntag.  


     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Das Sturmtief selbst wurde von seiner Stärke her vielleicht sogar noch ein kleines Stück unterschätzt. Die maximale Ausprägung wurde bei 90 km/h angesetzt, gemessen wurden aber im Flachland sogar Böen bis 100 km/h. Für die Kategorisierung spielt das aber keine Rolle, sehr wohl aber die Zugbahn des Hauptsturmfeldes, das wesentlich weiter südlich lag und damit auch in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz schwere Sturmböen verursachte. Hier wäre eine Ausdehnung der Kategorie Moderate notwendig gewesen.

Historisch wurde es vor allem über den Niederlanden. Direkt an der Küste wurden noch nie im Sommer durchschnittliche Winde mit Bft 11 gemessen. Das Land war das am schwersten Betroffene, mit mehreren gemessenen Orkanböen, und es kam verbreitet zu schweren Schäden durch umfallende Bäume, herabfallende Äste, aber auch an Gebäuden. Selbst der starke Wellengang verursachte Schäden an den Küsten.


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