Samstag, 27. Juni 2015

Wetter 27.06.2015: Großflächig Gewitter, im Süden auch heftiger


Gültig von: 27.06.2015, 11:00 MESZ bis 28.06.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 27.06.2015, 10:50 MESZ

Einschätzung

Kategorie Slight - für Teile Bayerns und Baden-Württembergs

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands mit Ausnahme des Nordseeumfeldes

Zusammenfassung

Es besteht Potential für langanhaltenden Starkregen, Hagel bis maximal 3 cm, gefährlichen Böen und evtl. auch einem Tornado.

Synoptik

Europa wird zu großen Teilen vom Atlantik-Rücken und seinen Ausläufern, die sich von Mitteleuropa bis nach Grönland erstrecken, dominiert. Ü
ber östlichen Teilen Skandinaviens liegt eine Kurzwelle des arktischen Langwellentrogs, der sich sehr weit in den Nordosten zurückgezogen hat, während sich über dem Nordatlantik ein Langwellentrog befindet in das mehrere Störungen eingebettet sind.

Das sich unterhalb einer dieser Störungen entwickelnde Tief wandert im Prognoseverlauf Richtung Osten unter Abschwächung in den Einflussbereich des arktischen Langwellentrogs, wodurch sich das ausgedehnte Hochdrucksystem über dem Westen Europas weiter Richtung Nordost ausstrecken kann. Damit gelangt vorerst maritime Nordseeluft als Kaltfront in Deutschland. Ihr vorgelagert befindet sich im Warmsektor eine Konvergenzlinie. Beide sind wetteraktiv.

Diskussion

Die aktuelle Wettersituation ist komplex und undurchsichtig: Die Konvergenzlinie ist nach wie vor über Baden-Württemberg blitzaktiv und bringt lokal entlang einer Linie Hannover - Freiburg a. B. starken Niederschlag. Auch der gesamte vorgelagerte Bereich weist leichten, skaligen Niederschlag auf. Lediglich die Bereiche zwischen Konvergenz und Kaltfront sowie zwischen Freiburg a. B. - Stuttgart - München sind halbwegs niederschlagsfrei und nur teilweise bewölkt.

Denkbar scheinen zunächst mal sich verstärkende Entwicklungen im Süden Deutschlands entlang des Alpenvorlandes. Soundings der Nacht bestätigen ein gutes dynamisches Umfeld mit bis zu 15 m/s 0-6 km Scherwinden und auch 0-3 km Helizität ist mit Werten von über 200 m²/s² (nach WRF-ARW teilweise sogar 400 m²/s² übersteigend) gut dabei. Bleibt es im Vorfeld bei der jetzigen Lage, können die simulierten 1.000 bis 1.500 J/kg CAPE durchaus erreicht werden und in die Konvergenz eingelagerte stärkere Zellen sind bis zum frühen Nachmittag denkbar, mit denen Hagel bis 3 cm möglich wären. Der Wassergehalt von bis zu 34 mm spricht bei Zuggeschwindigkeiten von maximal 25 km/h weiterhin für Starkregen mit lokalen Überschwemmungsgefahren.

Zum Abend soll sich nach Modelllage das dynamische Umfeld vor allem zum Boden hin deutlich verbessern und 0-1 km Scherwinde können 15 m/s, 0-6 km Scherwinde bis 20 m/s betragen. Zwar sinkt die 0-3 km Helizität auf Werte um 100 m²/s², dafür liegen die 0-1 km Helizitätswerte nach wie vor bei bis zu 200 m²/s² vor, die in Verbindung mit niedrigen Wolkenbasen bei 800 bis 1.000 m Höhe zunehmend Gefahr für einen Tornado bergen. Auch sind gefährliche Böen bis 90 km/h mit jeder stärkeren Zelle oder entlang eines linienartig ausgebildeten Zellclusters möglich. 

Wie auch in der Prognose am Vortag, wird auch diesmal nur eine Kategorie Slight vergeben, da, wie oben erwähnt, die aktuelle Wetterlage die Ausprägung der Bedingungen erschwert. Ein Update auf Kategorie Moderate ist in dieser Region aber, sollte sich alles wie erwartet entwickeln, denkbar!

Im Osten Deutschlands sind entlang der Konvergenz ebenfalls Gewitter möglich, die werden jedoch wegen maximal 5 m/s 0-6 km Scherwinden kurzlebig und vergleichsweise schwach vorliegen. Hier scheinen nur Starkniederschläge möglich.

Die Modelle simulieren übereinstimmend auch Signale im Norden und Westen Deutschlands entlang der Kaltfront. Aufgrund der Natur der Front sowie ihrer recht schwachen Ausprägung scheinen hier, nicht zuletzt auch wegen der ebenso schwachen dynamischen Umgebung, nur Schauer bis zum Nachmittag möglich, die dann wieder stetig nachlassen werden. Da hier durchaus noch paar hundert J/kg CAPE vorliegen, sind evtl. auch vereinzelt gewittrige Schauer mit Graupel möglich.

Update


Aufgrund der aktuellen Wetterlage, Soundings, eines bestätigten Tornados, mehreren gefährlichen Böen und der extrem hohen Blitzrate wurde über Bayern auf Kategorie Moderate hochgestuft. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Stunden weiterhin heftige gewittrige Aktivitäten zu erwarten sind, bei denen ein weiterer Tornado und gefährliche Sturmböen nicht auszuschließen sind.

Auch mit den beiden Clustern im Norden Bayerns sowie am südwestlichen Alpenrand ist, bedingt durch die langsame Zuggeschwindigkeit und ihrer Größe/Ausrichtung von sehr hohen Niederschlagssummen auszugehen. Überschwemmungen sehr wahrscheinlich!

Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Die Lage wurde zunächst aufgrund der chaotischen Wettersituation am frühen morgen unterschätzt, traf aber beinahe genau so ein wie von Modellen simuliert. Ein weiterer Tornado konnte nicht mehr beobachtet werden, auch blieben gefährliche Böen bis auf einige stürmische Böen aus. Hagel bis 3 cm sowie Starkniederschläge mit Werten deutlich über 100 mm in 24 Stunden konnten jedoch an einigen Orten im Kategorie Moderate eingestuften Gebiet beobachtet werden.

Unterschätzt wurde auch der Beginn der Gewittertätigkeit. Sie startete bereits wesentlich früher über dem Rhein-Main-Gebiet, dass von der Kategorie Slight nicht mehr voll erfasst wurde. Über die gesamte deutsche Fläche gesehen aber sehr gute Einordnung der Lage.

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