Samstag, 13. Juni 2015

Sommeranfang in Bremen

Es kommt nicht selten in der Wetterszene vor, dass es (heftige) Diskussionen zwischen einzelnen Personen gibt, die sich darüber streiten, wie denn eigentlich das aktuelle Wetter vor Ort einzuschätzen ist: Handelt es sich dabei jetzt um den typischen Sommer? Oder vielleicht doch eher Frühling/Herbst? Oder ist es so kalt, dunkel und nass draußen, dass der Verdacht eines verspäteten/verfrühten Winters aufkommt?

Nun, diese Diskussion wird häufig durch sehr unterschiedliche Erfahrungen - bedingt durch das Alter - und auch sehr unterschiedliche Empfindungen aufeinander prallen. Dazu kommen sehr individuelle Einstellungen zu bestimmten Bedingungen. Nicht jeder betrachtet 25 °C Maximaltemperatur bereits als sommerlich. Weil in diesen Diskussionen häufig aus den Augen verloren wird, dass es nicht selten auch konkrete und langjährige Messwerte für bestimmte Orte gibt, habe ich mich dem angenommen und mir als Fallbeispiel Bremen angesehen.

Ausgangslage war die Aussage, dass es derzeit in Bremen nicht sommerlich ist und die ENS des 0Z-Laufs von heute (13.06.) beinahe schon winterlich wirken (es waren auf 850 hPa Ausschläge bis auf 0 °C zu sehen). Ich hielt dagegen, dass wir gerade mal 12 Tage meteorologischen Sommer hinter uns hätten und es bisher keinesfalls zu kalt für die Stadt war. Aber um nicht ganz blöd darzustehen, sah ich mir deshalb die letzten 115 Jahre (seit 1900) zwischen dem 01.06. und 12.06. an und ließ mir vom Kollegen Werte zu Maximaltemperatur Tmax, Minimaltemperatur Tmin (und damit Temperaturmittel Tmittel), Niederschlag RR, Sonnenscheindauer SO, Bewölkung NM, Windmittel FM, Luftdruck p und Luftfeuchte φ geben, die er als sommerlich definierte.

Gleichzeitig habe ich mit Hilfe der umfangreichen Datenbank auf sklima.de jeden einzelnen Tag (insgesamt 1.380) ausgeben lassen, wodurch ich zusätzlich noch in der Lage war, pro Jahr die Tage in der Maximal- und Minimaltemperatur zu kategorisieren. Sämtliche Werte wurden durch den jeweiligen Mittelwert geteilt, damit keine unverhältnismäßige Gewichtung auftritt (bspw. 22 °C Maximaltemperatur zu 1.015 hPa Luftdruck - Luftdruck wiegt dann mal eben das 46-fache).


Da hierbei Werte zwischen 0,03 und 1.894.297,17 rauskamen, zog ich zusätzlich noch die achte Wurzel aus A, sodass sich ein Intervall von 0,68 bis 6,1 ergab, mit dem sich arbeiten ließ. Die Werte übertrug ich dann als Zeitstrahl in ein Diagramm und ergänzte sie durch das Mittel und dem Wunschwert:


Das Mittel hat in den ersten 12 Juni-Tagen 20,29 °C Tmax, 10,03 °C Tmin, 15,16 °C Tmittel, 23,3 mm Niederschlag an 6 Tagen und 71,59% Luftfeuchte. Außerdem einen Luftdruck von 1014,76 hPa, 7,85 Sonnenstunden und eine Bewölkung von 4,93 bei 3,86 Bft. 6 Tage haben dabei eine Tmax von <20 °C, 4 Tage zwischen 20 und 25 °C und 2 Tage zwischen 25 und 30 °C. Dagegen liegt an 6 Tagen der Tmin bei <10 °C und an 6 Tagen zwischen 10 und 15 °C. Wie sich zeigen sollte belegte das Mittel damit den 36. Platz. 

Der Wunschwert setzte sich aus 24 °C Tmax, 8 °C Tmin, 16 °C Tmittel, 0 mm Niederschlag an 0 Tagen und 50% Luftfeuchte, außerdem einem Luftdruck von 1015 hPa, 8 Sonnenstunden und einer Bewölkung von 2,5 bei 2,5 Bft zusammen. Der berechnete Wert belegte damit den 4. Platz in der Rangfolge:


2015 belegt immerhin Platz 6 (bzw. Platz 5 ohne dem Wunschwert) und ist damit für Bremen in den ersten 12 Tagen der wärmste Sommerbeginn des aktuellen Jahrtausends gefolgt von 2007 auf Platz 15 (respektive Platz 14). Letztmalig übertroffen wird der Wert nur vom Sommeranfang 1970, der gleichzeitig auch der - per Definition des Kollegen - sommerlichste Sommeranfang im Zeitraum 1900 bis heute war.

Als Fazit lässt sich vor allem festhalten, dass der Eindruck der aktuellen Wetterlage häufig darüber hinwegtäuscht wie er im gesamtklimatischen Mittel dasteht - die subjektive Wahrnehmung weicht erheblich von der Realität ab. Das kann verschiedene Gründe haben, als Beispiel sei hier die Möglichkeit genannt, dass die ersten 12 Tage sich durchaus auch aus 6 Tagen mit 25 °C und Sonne und 6 Tagen mit 15 °C und Bewölkung zusammensetzen können, damit trotzdem noch annähernd dem Mittel entsprechen, aber vom Empfinden her einen sommerlicheren Eindruck hinterlassen als 12 Tage bei 20 °C und wechselhaftem Bewölkungsgrad.

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