Donnerstag, 6. August 2015

Wetter 07.08.2015: Hitzetief mit Konvergenz bringt schwere Gewitter


Gültig von: 07.08.2015, 08:00 MESZ bis 08.08.2015, 08:00 MESZ
Erstellt am: 06.08.2015, 21:40 MESZ


Einschätzung

Kategorie Moderate - für Teile Rheinland-Pfalz', Hessens und Nordrhein-Westfalens

Kategorie Slight - für Teile Rheinland-Pfalz', Hessens, Thüringens, Nordrhein-Westfalens, Sachsen-Anhalts, Niedersachsens, Bremens und Hamburgs

Thunderstorms - für alle Teile Deutschlands


Zusammenfassung

Es besteht am frühen Abend Potential für starken Niederschlag, Hagel über 5 cm, Sturmböen und im geringen Umfang für einen Tornado.

Es besteht zum späten Abend und in der Nacht zu Samstag Potential für starken, ergiebigen Niederschlag weit über 50 mm, Hagel bis 4 cm sowie schwere Sturmböen bis 100 km/h.


Synoptik

Zum Mittag befindet sich ein Ausläufer des Troges über Grönland etwa nordöstlich von Island, das von zwei Kurzwellen begleitet wird. Das eine befindet sich vor der norwegischen Küste, bleibt daher für Mitteleuropa uninteressant, das andere dagegen liegt über den britischen Inseln und wird bis zum Samstag einen Abtropfprozess zum Cut-Off über der Biscaya einleiten. Dabei steigt vorübergehend der Einfluss auf das Wetter über Deutschland. Es gibt jedoch aktuell noch einige berechtigte Unsicherheiten in der Modellwelt bezüglich dieses Vorgangs. Über dem Rest Europas liegt dagegen ein Rücken, welcher sich in der Vorderseite der Kurzwelle wieder stark aufsteilen kann und dabei bis zu nördlichen Teilen Skandinaviens reicht.

Am Boden ist noch immer das steuernde Tief BONIMIR unterhalb des Troges präsent und zeigt mittlerweile eine durchaus komplexe Frontenstruktur, während an der Vorderseite der südlichen Kurzwelle ein kleines Hitzetief über Frankreich lokalisiert ist, das mit relativ langsamer Zuggeschwindigkeit in den Nordosten zieht und bis Samstag voraussichtlich die nördliche Mitte Deutschlands erreicht hat. Seine Nordostflanke zeigt eine deutliche Auswuchtung hin zu einer Tiefdruckrinne, in die eine Konvergenz eingebettet ist. Hinter dem Tief folgt ein Hochdrucksystem mit vorerst kälterer Luftmasse.


Diskussion

Bei Temperaturen von 35 bis 39 °C über weite Teile Deutschlands (mit Ausnahme des Nordwestens/Nordens), sowie Lapse Rates von 7 bis lokal sogar 8 °/km bei Mixing Rations von 12 bis 14 g/kg dürften wieder mäßige bis hohe CAPE-Werte zwischen 1.500 und 2.000 J/kg zu erwarten sein, ganz lokal sind auch bis zu 2.500 J/kg möglich. Dazu werden teilweise signifikante 0-3 km Helizitätswerte simuliert, die besonders ab der Konvergenz zum Nordwesten hin oftmals über 300 m²/s² erreicht. Durch die absolute Nähe zur Kurzwelle sind zudem 0-6 km Scherwinde zwischen 15 und 20 m/s, lokal auch bis zu 25 m/s denkbar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Superzellenparameter deutlich anschlägt. Es gibt jedoch ein dickes Fragezeichen zu möglichen Entwicklungen. Tatsächlich werden gegenwärtig isolierte Zellen im Bereich der Konvergenz von 2 Regionalmodellen ab etwa 18 Uhr simuliert, während 3 hier keine bzw. nur sehr schwache Signale aufweisen.

Spannender wird dann die Situation ab dem späten Abend bis zum Samstag morgen. Alle Modelle sind sich darüber einig, dass im Bereich des Tiefdruckkerns sehr starke Entwicklungen in Form von Multizellen bzw. im späteren Verlauf als Mesoscale Convective System (MCS) stattfinden werden. Diese Zellen werden von 0-6 km Scherwinde bis 30 m/s sowie deutlich über 300 m²/s² 0-3 km Helizitätswerte unterstützt. Auch CAPE ist nach wie vor noch um 1.000 J/kg entlang der Zugbahn. Damit ist auch das Potential für eingebettete Superzellen recht hoch.

Aufgrund sehr hoher Werte bei ausfällbarem Niederschlag zwischen 40 mm (zum frühen Abend) und 50 mm (mit dem MCS) sind mit jeder Zellentwicklung starke Niederschläge zu erwarten. Lokale Überschwemmungen können nicht ausgeschlossen werden und gerade mit dem MCS sind sehr hohe Gesamtsummen von deutlich über 50 mm bis Samstag morgen zu erwarten. Interessant ist sicherlich auch der simulierte Trockeneinschub auf 700 hPa, sodass wieder Großhagel von 5 cm aufwärts möglich scheint - hier besonders mit Superzellen zum frühen Abend. Später, mit dem MCS sind immer noch bis zu 4 cm Hagel denkbar. Mit sämtlichen Zellen ist zudem mit stürmischen bis schweren stürmischen Böen zu rechnen. Gerade zum Entstehungszeitpunkt des MCS ist hier das Potential mit Böen bis 100 km/h am größten. Als letzte Gefahr kann auch ein Tornado unterhalb einer Superzelle nicht ausgeschlossen werden, das Potential ist jedoch vergleichsweise gering.


Verifikation

     Gesamtniederschlag in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.          Gesamtzahl an Blitzen in 24 Stunden bis 07:50 Uhr.

Es sollte sich erweisen, dass die Luftmasse schon in den frühen Morgenstunden so potent war, dass die Entwicklungen an der Konvergenz aus der Nacht von Frankreich ausgehend bis in die Mittagsstunden über dem gesamten Westen/Norden anhielten und bereits da langanhaltenden Niederschlag mit deutlicher Abkühlung brachten. Im Umfeld der betroffenen Regionen konnte sich die Luftmasse nicht mehr ausreichend erholen, sodass die von Modellen simulierten Instabilitäten nicht erreicht werden konnten. Zudem wurde der sehr flache Temperaturgradient deutlich unterschätzt, der es der Luftmasse vielfach, trotz hoher Temperaturen und Taupunkte, nicht erlaubte zu initialisieren.

Erst viel später, zur Nacht auf Samstag mit Annäherung der Kaltfront, konnte nochmal verbreitet Auslöse stattfinden. Insofern konnte zumindest das betroffene Gebiet sehr gut eingegrenzt werden. Auch waren die zu dem Zeitpunkt sich entwickelnden Zellen für diese Uhrzeit recht kräftig. Mit bisschen mehr Energie und zur früheren Tageszeit wären die oben genannten Gefahren im vollen Umfang eingetroffen. So blieb es aber nur bei den erwarteten >= 50 mm Niederschlag, einigem kleinkörnigen Hagel bis 2 cm Größe sowie ein paar stürmische Böen bis maximal 67 km/h. Eine Kategorie Slight wäre daher ausreichend gewesen.


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