Sonntag, 27. Juli 2014

Wetter 28.07.2014: Schauer, dann Konvergenzgewitter

Während des Prognosezeitraums zieht im Norden ein neues Höhentief von Grönland aus bis zu den Färöer-Inseln, während das Cut-Off über dem Ärmelkanal bis an die französische Mittelmeerküste zieht.

An der Vorderseite des Cut-Offs über BeNeLux ist in der Nacht zum Montag am Boden Zyklogenese auszumachen und es etabliert sich ein Bodentief, welches bis zum Dienstag zunächst in den bayerischen Raum zieht und sich anschließend über dem Drei-Länder-Eck Deutschland-Polen-Tschechien positioniert.
Das Bodentief zieht an seiner Rückseite ein Frontalsystem mit sich, dessen Kaltfront bis zur Nacht von Montag auf Dienstag von Frankreich bis Bayern eindreht. Im Vorfeld der Kaltfront entwickelt sich zudem eine Bodenkonvergenz, die wetteraktiv sein wird.

Bodendruck- und 500 hPa-Karten für 14, 17 und 20 Uhr mit Kaltluftkern über Frankreich.

Bis Montag Nachmittag können noch verbreitet 27 Grad erreicht werden; im Südwesten lokal, im Osten verbreitet sind auch Temperaturen +30 Grad drin. Mit Einzug der Kaltfront sind Temperaturstürze von 14 Grad runter auf 16 Grad möglich, sodass ein entsprechend starker Temperaturkontrast vorherrscht.

Bereits zum frühen Abend sind Taupunkte verbreitet zwischen 17 und 19 Grad vorzufinden, diese können im Verlauf des Abends noch weiter zunehmen und flächendeckend die 20 Grad übersteigen. Damit ist ausreichend Energie vorhanden, um die Situation entsprechend zu verschärfen.


Temperatur um 16 Uhr.


Taupunkte um 20 Uhr.

Wie üblich rechnet WRF-ARW etwas konservativer und siedelt seine CAPE-Werte im Bereich von 1.000 bis lokal (im Osten) sogar 2.000 J/kg, während WRF-NMM verbreitet zwischen 1.500 und 2.000, lokal sogar über 3.000 J/kg simuliert. Die Erfahrung zeigt, dass WRF-ARW der Realität etwas näher kommt als WRF-NMM, nichtsdestotrotz ist selbst mit WRF-ARW mehr als genug Energie in der Luft vorhanden.


Potentielle Energie und Lifted Index um 20 Uhr von WRF-NMM.


Potentielle Energie und Windvektor um 20 Uhr von WRF-ARW.

Der Wassergehalt ist gleichbleibend bei 12 g/kg. Lapse Rates sind nach wie vor flächendeckend bei 6 bis 6,5 Grad. Dafür wird die Tropopause wieder auf 11.000 bis 12.000 m angehoben.

Hinter der Konvergenzlinie können am Boden verbreitet bis zu 8 m/s Wind erreicht werden, lokal sind auch bis zu 10 m/s möglich. Auch in höheren Schichten ist eine Zunahme der Windgeschwindigkeiten absehbar, da der Jetstream um das Höhentief zunehmend östlich verlagert wird. 0-6 km Scherung erreicht daher hinter der Konvergenz 20 bis 22 m/s, steigt entlang der Kaltfront sogar bis 26 m/s.
0-3 km Helizität nimmt ebenfalls drastisch zu und erreicht verbreitet 100 bis 150 m²/s², lokal auch 200 bis 250 m²/s². Vor allem zwischen 0-1 km ist starke Helizität simuliert, die 280 bis 350 m²/s² erreichen kann. Entsprechend steigt auch der Superzellenparameter an.


Bodenwinde mit Windvektor um 20 Uhr.


0-6 km Scherung um 20 Uhr.


Superzellenparameter mit Niederschlagsreflektivitätswerten um 20 Uhr.

Dem Tagesgang folgend wird es zunächst stärkere Schauer in der Mitte Deutschlands und Bayern geben, auch am Erzgebirge sind welche orographiebedingt möglich. Letztere können entsprechend langanhaltend und intensiv sein, wodurch große Mengen an Niederschlägen fallen können. Aufgrund der bereits sehr nassen, gesättigten Böden drohen hier lokal erhebliche Überschwemmungen.

Später, gegen Abend, sind entlang der Konvergenzlinie organisierte Gewitter wahrscheinlich, die vereinzelt auch superzellulär ausfallen können. Hagel mit 2 cm Durchmesser sind mit jedem Gewitter möglich, Zellen mit stärkerem Auftrieb, vor allem Superzellen, können auch Hagelkörner mit 5 cm Durchmesser produzieren. 
Das Windprofil unterstützt eine Squall Line ähnliche Entwicklung, an der auch verbreitet sturmartige Böen möglich sind. Durch die parallel zur Konvergenzlinie laufenden Zugrichtung sämtlicher Zellen können lokal zum Teil beträchtliche Niederschlagsmengen zusammenkommen. Hier gilt dasselbe wie im Osten: Da der Boden ziemlich gesättigt ist, sind Überschwemmungen wahrscheinlich.


Update



Verifikation



Fast im gesamten Prognosezeitraum waren Entwicklungen an der Konvergenz auszumachen. Bereits am Sonntag Abend setzten die ersten niederschlagsträchtigen Gewitter über den Niederlanden ein. Da sich die Konvergenz nur sehr schleppend von der Stelle bewegte und zeitweise sogar positionsgetreu blieb, fielen bis zum Montag Mittag lokal über 200 L/m², hier vor allem in und um Amsterdam herum, später auch um Arnheim und Apeldoorn.
Zum Nachmittag erfasste die Konvergenz immer größere Teile Westdeutschlands, an der schon zur Mittagszeit starke Entwicklungen einsetzten, größtenteils aber noch vergleichsweise kurzlebig ausfielen. Erst später, vor allem zum Abend, zeigten sich lokal massive Neuentwicklungen und/oder unwetterartige Niederschlagsintensitäten. So konnten fast im gesamten nördlichen Münsteraner Stadtgebiet Niederschlagsmengen bis 200 L/m² gemessen werden, eine private Wetterstation erfasste sogar einen Spitzenwert von 290 L/m²! Auch nördlich und südlich von Kaiserslautern sowie um Karlsruhe herum fielen 100 bis 150 L/m² in 24 Stunden.
Am späten Abend zeigte sich darüber hinaus über Baden-Württemberg die Kaltfront, die bei Balingen unwetterartige Niederschläge brachte, hier kamen innerhalb kürzester Zeit ebenfalls 100 bis 150 L/m² sowie in 24 Stunden um die 200 L/m² zusammen.

Über dem schon recht feuchten Boden und den hohen Theta-E- sowie Feuchtigkeitswerten in der Luft waren schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als prognostiziert Neuentwicklungen möglich. Auch bildete sich die Konvergenzlinie deutlich früher. In der Form hatten das die hochauflösenden Modelle nicht ganz erfasst. Wie unsicher die Lage war, zeigt auch die Einschätzung von ESTOFEX, die nur sehr zögerlich ein Level 1 vergaben. Die Lage wird heute, Dienstag, dieselbe sein, diesmal jedoch ist es ESTOFEX ein Level 2 wert.

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